Natürliche Schwangerschaft um jeden Preis – Teil II

Phase II: Obsessionder zweite Gastbeitrag von Anna aus Berlin

Im Lauf der Zeit erschien die Fehlgeburt surreal, die erste Schwangerschaft noch viel unwirklicher – der Glaube an die eigene Reproduktionsfähigkeit war zwischendurch komplett verschwunden.

Direkt nach der Fehlgeburt haben wir einen Zyklus des „Probierens“ ausgelassen, immer wieder habe ich später gezweifelt, ob das die richtige Entscheidung war, denn wissenschaftliche Studien zeigen, dass das Fehlgeburtsrisiko bei einer Schwangerschaft innerhalb von 6 Monaten nach einer Fehlgeburt geringer ist (warum auch immer).

Erste Untersuchungen bei der Frauenärztin

Und so vergingen die Monate. Ich ging zur Frauenärztin zur Beratung, warum es so lange dauert bis ich schwanger werde, immerhin war ich ja jetzt „noch mehr dahinter“ als vorher. Sie stellte aufgrund der abweichenden Zykluslängen eine „Follikelreifungsstörung“ fest und verschrieb mir Clomifen. Zusätzlich wurden alle meine Hormonwerte in der ersten und zweiten Zyklushälfte überprüft. Das Clomifen führte zwar zu astreinen Eisprüngen nach 28 Tagen, hat aber sonst nichts gebracht. Ich wusste ja schon vorher genau, dass ein Eisprung stattfindet und wann. Die Laborbefunde ergaben einen für mein Alter eher niedrigen DHEA(S)-Spiegel, ein Hormon, das mit dem Alter immer weiter sinkt und mit der Zellalterung zusammenhängt, dessen niedriger Status jedoch oft mit Endometriose und verminderter Eizellqualität einher geht (das hat mir aber keiner gesagt, das habe ich selbst recherchiert).  Zusätzlich wurde darin empfohlen, dass der nächste Schritt ein Spermiogramm und die Prüfung auf Eileiterdurchgängigkeit sein sollte, da laut Labor hormonell alles „im Grünen Bereich“ war (DHEA wird anscheinend bei jüngeren Frauen nicht sonderlich ernst genommen). Hier gibt’s dazu auch ein Video.

Ab ins Kinderwunschzentrum?

Mein Partner und ich haben über den Besuch eines Kinderwunschzentrums und ein Spermiogramm gesprochen. Ich hatte panische Angst vor Kinderwunschzentren und dass einem da sofort eine IVF aufgedrängt wird. Nachdem mein Partner in Kindesjahren an einem Hodenhochstand gelitten hat und erst mit 4 oder 5 Jahren operiert worden war, hatte er jedoch bereits etliche Jahre vorher ein Spermiogramm gemacht und die Info erhalten, alles ok, keine Top-Werte aber zeugungsfähig, das kam uns also überflüssig vor. Nichtsdestotrotz sagten wir uns, wenn wir nach insgesamt einem Jahr nicht wieder erfolgreich wären, würden wir einen Termin im Kinderwunschzentrum zur Ursachenfindung vereinbaren.

Lebenswandel: Yin Yoga, kein Kaffee, keine Kuhmilch

Ich habe die lange Zeit bis zur nächsten Schwangerschaft genutzt, um mich schlau zu machen und mir Gutes zu tun. Anstelle von Hot Yoga habe ich erst Vinyasa Yoga online gemacht und bin später auf den Youtube-Kanal von YogaYin gestoßen, einer Australierin die maßgeschneiderte Yogaeinheiten für alle möglichen Probleme beim Kinderwunsch erstellt und diese aber für alle gratis zur Verfügung stellt.

Sie empfiehlt diese Einheiten morgens auf nüchternen Magen zu machen, das heißt mein Lebenswandel hat sich stark verändert. Statt der notorischen Langschläferin wurde ich zur um 6 Uhr Frühaufsteherin und habe da 30-50min täglich vor der Arbeit rumgeturnt. Da mein Partner zur gleichen Zeit Schulter- und Rückenprobleme hatte, war er nicht abgeneigt, morgens sein eigenes Sportprogramm durchzuziehen – alleine hätte ich das nicht geschafft.

Ich habe außerdem wahnsinnig viel gelesen, nicht nur über Kinderwunsch, sondern über den weiblichen Zyklus und die Probleme die er mit sich bringen kann allgemein. Zum Beispiel von Alisa Vitti: Woman Code. Ein super Einsteigerbuch für alle, die mehr über ihren Hormonhaushalt wissen wollen. Die vorgeschlagenen Vermeidungen von Gluten/Milchprodukte/Alkohol/Zucker hab ich allerdings nicht geschafft, sondern nur Einschränkungen. Seither trinke ich zum Beispiel keinen koffeinhaltigen Kaffee mehr und esse kaum mehr Milchprodukte, und wenn dann von Ziege und Schaf. Verbesserungen bei meinen Menstruationsbeschwerden waren trotzdem nicht so recht zu bemerken.

Wiederholt schmerzhafte Perioden und PMS sind nicht normal

Dann habe ich noch „The Period Repair Manual“ von Lara Briden gelesen, ebenfalls sehr informativ. Doch auch ihre Tipps haben meinen Zyklus nicht groß verbessert. Aber die wichtigste Botschaft für euch vor dem Bildschirm, da waren sich alle Autoren einig: Wiederholt schmerzhafte Perioden und PMS sind nicht normal, sie sind immer ein Anzeichen dafür, dass der Körper nicht im Gleichgewicht ist. Die Ursachen sind leider sehr vielfältig. Aber wenn auch ihr Schmerzen habt, geht der Ursache auf den Grund und macht euch selber schlau, die Pille ist dafür keine Lösung! Es scheint auf jeden Fall so, dass ich eine Östrogendominanz habe, die nicht nur zu PMS und Regelschmerzen führen kann, sondern auch Endometriose begünstigt. Die reguläre Schulmedizin kennt Östrogendominanz noch nicht wirklich als Diagnose, sie hinkt da der Forschung sehr hinterher.

Nachtkerzenöl, Arvigo-Therapie, Vaginal Steaming

Ich begann, etliche Nahrungsergänzungsmittel zu nehmen: Magnesium, Zink, Vitamin E, Nachtkerzenöl usw. Das hat immerhin dazu geführt, dass oft meine Brustschmerzen vor der Periode weg oder zumindest besser waren. Der viel gerühmte Mönchspfeffer hat meine Eisprünge zwar regelmäßiger gemacht, aber zu wahnsinnig starken Regelblutungen geführt, nicht unüblich bei Östrogendominanz – den hab ich also nicht lange genommen. Ergänzend bin ich einmal im Monat zur „Arvigo-Therapie“ gegangen. Diese Massagetherapie soll ursprünglich von den Maya kommen und bei Verklebungen und Obstruktionen im Unterleib helfen und die Durchblutung fördern. Speziell bei nach hinten geneigter Gebärmutter kann sie auch helfen, weil die Bänder, die die Gebärmutter halten dadurch bearbeitet und gestärkt werden. Ergänzend können Rizinusölpackungen und „Vaginal Steaming“ angewendet werden um die Gebärmutter zu reinigen.

Die Therapie sieht so aus: Eine halbe Stunde über alles Kinderwunschrelevante und meinen Seelenzustand reden, danach eine Stunde Massage. Zusätzlich massiert man sich jeden Abend vorm Schlafengehen etwa 5-10 min selbst. Mehrfach im Monat hab ich auch abwechselnd Rizinusölpackungen und Steamings bis zum Eisprung vorgenommen. Tatsächlich wurden die Schmerzen monatsweise manchmal besser, aber auch das Reden mit der Therapeutin hat mich durch diverse Tiefs geleitet. Ich glaube, dass diese psychisch-emotionale Begleitung durch diese Zeit wahnsinnig wichtig wäre und vermutlich viel zu wenig beansprucht wird. Wo geht frau da auch hin? Ich hätte es erstmal nicht gewusst. Emotional hat mir auch das Buch von Birgit Zart „Gelassen durch die Kinderwunschzeit“ sehr geholfen, weil es mir gezeigt hat, dass all die negativen Gefühle die ich hatte, völlig normal waren.

Guru der Vorgänge im weiblichen Körper – und wieder schwanger?

Als ich gefühlt der Guru der Vorgänge im weiblichen Körper war, wurde ich endlich nach 15 langen Monaten wieder schwanger, kurz vorm Urlaub – wie schön. Ich war sehr froh. Meine Basaltemperatur war konstant oben, schon 19 Tage nach dem Eisprung. Ich hatte alle Anzeichen wie beim ersten Mal – Übelkeit, Schwindel, Geruchsempfindlichkeit, verstärkter Ausfluss, empfindliche Brustwarzen. Aber warum waren die Schwangerschaftstests immer negativ?

Eine Recherche ergab: Hochdosiertes Biotin, in einem meiner Kombi-Vitaminpräparaten für Haut und Haare enthalten, manipuliert die Hormone in wichtigen Tests, z. B. auch Herzinfarktmarkertests oder eben Schwangerschaftstests und führt zu falsch positiven und falsch negativen Ergebnissen. Ich hab die Pillen natürlich sofort abgesetzt. Leider kam mit Beginn der 6. Woche meine Periode, mit den klassischen Anzeichen Temperaturabfall und keine schmerzenden Brüste mehr.

Ich war traurig, aber da bekam ich eine SMS von einer guten Freundin, dass sie gerade ihre im 6. Monat zu früh geborene Tochter beerdigt hat, sodass mein Schmerz total vernachlässigbar wurde und ich nur noch für sie geweint habe. Bis zum Ende des Urlaubs war es eher die Trauer um das Kind meiner Freundin als um mein eigenes Kind, die mich begleitet hat. Bei meiner Arvigo-Therapeutin aber konnte ich auch meinen eigenen Schmerz loslassen, der Trauer über meinen Verlust sogar etwas Positives abgewinnen. Der Körper kann es noch! Ich habe mir die erste Schwangerschaft samt Fehlgeburt nicht eingebildet – ich kann tatsächlich schwanger werden! Beschwingt durch diese Gedanken begann Phase 3 des Kinderwunsches inklusive eines Termins im Kinderwunschzentrum.

Ein Gedanke zu “Natürliche Schwangerschaft um jeden Preis – Teil II

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